Ein neuer Trend zeichnet sich ab – die Autohäuser spezialisieren sich… – also natürlich nicht in der Aussenwirkung sondern eher im internen Doing – und das natürlich wiederum zu Lasten von uns Verkäufern…
Ein Autoverkäufer verkauft Autos – soweit sogut – viele verkaufen Neu- und Gebrauchtwagen, manche nur Neuwagen und andere nur Gebrauchtwagen. Im Prinzip kann man sagen – je größer das Autohaus ist, desto eher findet man Verkäufer die nur das eine und/oder nur das andere verkaufen. Nun haben gewiefte Verkaufsplaner nach dem Studium von unzähligen Testkäufer-Auswertungen festgestellt dass wir Verkäufer auf den Produkten gar nicht mehr so gut informiert sind, wie es eigentlich sein sollte – kurzum – und da bin ich absolut „da core“ mit der Festellung:
wir Verkäufer können heutzutage nicht mehr alles wissen
– es geht einfach nicht – zu viele Baureihen und zu viele unterschiedliche Sonderausstattungen die je nach Baureihe nicht nur anders heißen sondern teilweise auch andere Funktionen besitzen oder einen anderen Softwarestand aufweisen – kurzum – auch ich gehe lieber mit dem Kunden am Schreibtisch bzw. Rechner konkret sein gewünschtes Fahrzeug Punkt für Punkt durch bevor ich ihm eine Sonderausstattung und deren Nutzen verspreche die es so in dieser Baureihe nicht gibt.
Klar ist auch, dass der Kunde somit immer besser informiert ist wie wir Autoverkäufer. Der Kunde kauft i.d.R. nur EIN AUTO – für das er sich über etliche Online-Konfiguratoren und Blogs, Nachbarn und Foren ausgiebigst informiert hat bevor er den Weg zu mir ins Autohaus angetreten hat – und trifft der gut informierte Kunde auf einen Verkäufer der zwar ein bisschen was weiß, aber dies eher in die Kategorie: „gefährliches Halbwissen“ gehört. Ganz schlimm wird dieser Missstand natürlich bei den Kollegen der Gebrauchtwagenabteilung. Meistens verkaufen die Fahrzeuge deren technische Eigenschaft sie nur „vom Hören sagen“ kennen – wenn überhaupt – bei Fremdfabrikaten wird’s noch schlimmer – da weiß der GW-Kollege nahezu nichts, denn er kennt das Produkt – wenn überhaupt – nur vom Überblättern der Fachzeitschriften auf der Toilette auf der Suche nach spannenden Artikeln…
Dies haben also nun die Testkäufer auch schon herausgefunden – und nun sitzen tolle wissende Menschen zum Brainstorming zusammen um diesen Missstand schnellstmöglich beseitigen zu können… Klar ist eine Spezifizierung gut für die Kunden – wenn ich nur die Baureihe XX oder YY verkaufe, dann weiß ich natürlich alle Features, alle Baustände und alle Einzelheiten über die einzelnen möglichen Sonderausstattungen – logisch – dass Problem was sich nur für uns Verkäufer abzeichnet ist nur einfach ein monetäres – denn jede Baureihe ergibt eine andere Provision – und deshalb ist es auch klar dass jeder Verkäufer lieber Fahrzeuge der Luxus-Klasse verkauft als im Klein- und Kleinstwagen-Segment, denn es bleibt einfach mehr in der Lohntüte…
Im Grunde genommen wird dieses System der „Baureihen“ heutzutage in jedem mittelgroßen Einzelhandelsgeschäft schon vorgelebt: Karstadt, H&M, C&A und wie sie alle heißen „leben“ dieses System schon seit Jahren, da kann ich mich beim Verkäufer für Kaffeevollautomaten beraten lassen oder beim Verkäufer für Tennissocken – aber der Verkäufer wird mich nicht durch das Haus begleiten und mir alles verkaufen – sondern immer nur das Produkt für das er „zuständig“ ist, und für das er seine Konpetenz im Verkaufen hat. An der Wursttheke bekomme ich auch nur Wurst und in der Jeansabteilung werde ich meinen neuen Fernseher vermutlich auch nicht bekommen…
Tante-Emma-Läden sind schon lange out – und unsere Autohäuser sind noch so ein Derivat aus der Zeit wo ein Laden schlichweg alles hatte und man alles kaufen konnte…
In vielen Autohäusern wird derzeit dieses Baureihen-Beratungssystem „schleichend“ eingeführt – ein Verkäufer wird für die Baureihe XX speziell auf Schulungen geschickt, ein anderer „darf“ seinen Arbeitsplatz in der Gruppe der SUV´s beziehen und andere bekommen ganz spezielle Kundengruppen mit ganz speziellen Anforderungen „zugeschanzt“.
Einzig für unsere Kollegen aus der Gebrauchtwagen-Abteilung gibt´s (noch) kein schlüssiges Konzept – die werden derzeit mit Akribie auf den Stand der Neuwagenverkäufer geschult und müssen bei jeder Markteinführung zu den Events die früher nur für Neuwagenverkäufer bestimmt waren… – Dumm nur, dass die ersten Automobile dieser Baureihe dann erst ca. 1 Jahr nach Markteinführung frühestens bei unseren GW-Kollegen stehen und die somit innerhalb des einen Jahres wieder alles vergessen haben, was man ihnen in 2-3 tägigen Schulungen mit Fahrevents etc. zu vermitteln versucht hat…
Ich bin grundsätzlich dafür dass auch wir Verkäufer uns in die einzelnen Beureihen spezifizieren um dann wieder Beratungskompetenz ausstrahlen zu können – allerdings nicht zu Lasten unseres derzeit sowieso schon arg leeren Geldbeutels…
Ein Gebrauchtwagenverkäufer sollte Gebrauchtwagen nicht nur vom Blättern bei Auto-Bild kennen.
Er muss ein Automann sein und nicht ein Quereinsteiger. „Egal was sie gestern gemacht haben-kommen Sie zu uns“ Solche Anzeigen von Autohäusern habe ich in meiner langen Laufbahn als Automobilverkäufer viele lesen müssen. Da braucht man sich über mangelnde Sachkunde nicht zu wundern.
Die Chefs in den Autohäusern haben es selbst in der Hand, mit wem Sie den w i c h t i g s t e n Verkäuferposten im Autohaus besetzen. Da hilft auch keine nachträgliche Lizenzierung. Da helfen nur Fachkenntnisse, die z.B ein Kfz-Mechaniker, der später zum Autoverkäufer geworden ist, haben muß. In den Autohäusern, die Premiummarken vertreten, sind ehemalige Mechaniker sicher nicht fein genug. Selbst wenn diese Autohäuser einen Großteil Ihrer Gebrauchtwagen versteigern, können sie auf kompetente Leute sowohl bei der Hereinnahme als auch beim Verkauf nicht verzichten.
Hallo Wolfgang,
vielleicht habe ich mich ein bisschen ungenau ausgedrückt – ich bin schon auch der Meinung dass ein GW-Verkäufer sich mit der Ware auskennen sollte – aber –> Hand auf´s Herz – welcher GW-Verkäufer kennt neben „seinem“ eigenen Produkt auch noch dass Produkt vom nicht-direkten Mitbewerb – und zwar so dass er es auch noch erklären kann – dass er weiß was dieser Hersteller bei diesem Modell unter der Bezeichnung „XXX“ meint und was diese Sonderausstattung alles vollbringt etc. etc. – vielleicht ist das auch der schlußendliche Grund warum so viele Autohäuser die Fremdware lieber versteigert – weil sie sonst nur verramscht wird – aus mangels an Sachkenntnis…
Hallo „Frank“,
Du triffst es mal wieder auf den Punkt.
Bin gerade auf eine Gebrauchtwagen Seminar.
Da haben die uns auch erzählt, dass wir nun zukünftig die „Ehre“ haben, auf NW Vorstellung eingeladen zu werden. Im Prinzip ist das ein Schritt in die richtige Richtung…da wir aber die diese Autos in frühestens einem Jahr bekommen und sonst nicht die Möglichkeit haben (Thema…aktuelle Dienstwagen) uns damit intensiv zu beschäftigen, bleibt abzuwarten wie gut unserer Erinnerungsvermögen ist 🙂
Danke für Dein Lob lieber Kollege. Es freut mich immer wieder wenn ich mit meinen Themen das Geschehen da „draussen“ erfasse und schonungslos erzähle wie es wirklich ist… 😉
Hallo,
ich begrüße die Trennung zwischen Neu – und Gebrauchtwagenverkäufern sehr und würde mir diese sogar wünschen. Wenn es nach mir geht, würde ich NUR Gebrauchtwagen verkaufen wollen. Keine Tageszulassungen, keine Neuwagen.
Ich stimme auch den vorrednern hier zu. Ich kenne selbst einige ehemalige Kfz-Mechaniker die echt Top-Verkäufer geworden sind! Leider kenne ich auch genug Verkäufer die immernoch nicht wissen das ein Diesel keine Zündkerzen hat …
Leben und leben lassen aber mir läuft es immer kalt den Rücken runter wenn ich Verkäufer erlebe die nach dem Motto „Eloquenz geht vor Kompetenz“ verkaufen.
Zum eigentlichen Thema: Die rein produktbezogenen Fakten zur Modellpalette einer Marke halte ich eigentlich für jeden Verkäufer zumutbar. Als ich noch Neuwagen verkauft habe, habe ich mir sogar die Werkstatthandbücher zu den neuen Modellen geschnappt und gelesen. Mir hat es Spaß gemacht alles zu wissen.
Das Problem für mich im Neuwagenvertrieb sind eher die irrwitzigen vollkommen übertriebenen Verkaufsförderungsmaßnahmen der Hersteller! Da blickt irgendwann keiner mehr durch. Weder Dispo, noch Chefs noch Verkäufer. Im Mittelpunkt sollte der Interessent und das Produkt stehen und nicht ob ich jetzt die Prämie mit der Prämie kombinieren kann, ob ich jetzt soviel geben muss um soviel zu bekommen und und und … Händlerbeteiligung hier … Restschuldversicherungsprovision da … DAS ist für die Verkäufer nicht mehr zumutbar.
Sehr interessanter Artikel, wobei mir etwas schwer fällt zu akzeptieren, dass ein Kunde bei einem Neuwagenkauf besser informiert ist als der Verkäufer. Bei Gebrauchtwagen ist das kein Thema, absolut nachvollziehbar.
Bei Neuwagen reden wir von ~ 20 Baureihen pro Hersteller mit jeweils vielleicht 3 Ausstattungslinien (war jetzt auf der Basis von VW und dort zählen z.B. Beetle und Beetle Cabrio schon als 2 getrennte Modelle). Wenn es nun tatsächlich das tägliche Brot ist, müsste es doch möglich sein über diese 20 Modelle soweit den Überblick zu haben, um die jeweiligen Sonderausstattungen zu kennen? Die Änderungen pro Halbjahr passen dann in der Regel auch auf 1-2 DIN A4-Seiten (für alle Modelle).
Bitte meinen Kommentar nicht falsch verstehen, ich respektiere Auto-Verkäufer und verstehe sehr gut, dass es ein harter Job ist. Aber wenn man sich gemeinsam durch den Konfigurator hangelt (was bei meinem letzten Kauf so passiert ist und ich eine gute Idee fand) hat man doch schon eine sehr gute Basis und der Verkäufer sollte dann schon den Unterschied zwischen zwei Ausstattungspaketen erklären können. Allerdings kommt es mir persönlich eher auf die Abwicklung an und da empfand ich meinen Verkäufer damals top (allein der Anruf bei der Disposition vor Nennung eines unverbindlichen Liefertermins ist offenbar nicht selbstverständlich). Wie gesagt, ich war bei meinem letzten Autokauf äußerst zufrieden, aber sobald mir jemand anfangen würde Märchen zu erzählen wäre das Thema für mich durch.
Vermutlich sehe ich das als Außenstehender falsch, daher würde mich sehr interessieren, was zu der Aussage geführt hat, dass der Verkäufer das Produkt nicht mehr besser kennen kann als der Kunde.
Hallo Johannes,
zunächst mal Danke für Deinen Beitrag! Als „Aussenstehender“ ist es sicherlich zunächst nicht nachvollziehbar, deshalb hier mal ein wenig „Aufklärung“: Also – Dein Beispiel mit 20 Baureihen mal angenommen hast du ca. 3 Ausstattungslinien – soweit sogut – allerdings unterscheiden sich die Ausstattungslinien schon vom Inhalt her – und nur weil beim Modell XX der beheizte Aussenspiegel dabei ist muss dies beim Modell YY nicht zwingend auch so sein… und wenn er dann doch dabei ist, dann ist er vielleicht bei Modell XX mit Ausstattungslinie 2 nicht lackiert, aber bei Modell YY mit Ausstattungslinie 2 sehr wohl… – Wie Du siehst ist der Aussenspiegel nur ein Synonym für alle Sonderausstattungen… – sehr sehr komplex wird es dann bei Radio/Navigation/Telekommunikation denn hier gibt es sogar verschiedene Entwicklungsstände der jeweiligen Ausstattungen – so z.B. funktioniert das Nokia Handy mit Softwarestand 123.3 NUR bei Fahrzeugen die bis 06/2013 gebaut wurden, danach nicht mehr oder nur bedingt – oder nur mit einem anderen Nokia-Softwarestand – oder gar nicht, oder oder oder… Gleiches gilt natürlich auch für Navigationssysteme – die haben fast NIE über alle Baureihen den gleichen Softwarestand – und somit unterscheiden sie sich von den Funktionen genauso… – ganz schlimm wirds wenn man ein Fahrzeug vom Lager verkauft der vielleicht vor einem bestimmten Datum gebaut wurde – dann stimmt oftmals nichts mehr – und die Beschreibung im Prospekt weicht vom Funktionsumfang des „damals“ gebauten Fahrzeugs stark ab – und der Verkäufer tappt auch oft in diese Falle und erzählt von Funktionen die dieses Fahrzeug noch gar nicht hat – aber „heute“ Stand der Technik sind… Deine beschriebenen 1-2 Din A4-Seiten an Änderungen je Modelljahr für alle Baureihen sind eher 1-2 Din A4-Seiten je Modell… die dann unterjährig durch verschiedene Pakete wiederum über den Haufen geworfen werden…
Ich behaupte das KEIN Autoverkäufer der Neuwagen verkauft derzeit ALLE Sonderausstattungen bei ALLEN MODELLEN fehlerfrei erklären kann… Bei den jeweiligen Volumenmodellen die man „tagtäglich“ verkauft ist die Wissenslücke vielleicht noch geringer – allerdings wird es, je weniger die jeweilige Baureihe verkauft wird immer schlimmer mit den Wissenslücken… – witzigerweise wird´s bei den Oberklassen-Nischenodellen immer mehr mit den Wissenslücken, denn der Verkäufer verkauft so ein Auto natürlich weniger oft, hat weniger Erfahrung, und oftmals ist so ein Auto zum Testen bei manchem Autohaus nicht mal im Probefahrzeug-Fuhrpark… Oftmals reagieren die Verkäufer, weil sie wissen, dass „Kompetenz“ ein wichtiges Entscheidungskriterium sein kann, nach dem Grundsatz: „Behauptung geht vor Wahrheit!“
Wie gesagt – ein Käufer kauft nur ein Modell, hat sich vorher überall eingehend informiert, sich in mehreren Foren und Blogs eindringlich damit beschäftigt und „überfällt“ mit seinem Wissen einen Verkäufer der sicherlich die Grundzüge des Modells drauf hat – aber mehr auch nicht…