Es gibt man wieder eine neue Studie über unseren Berufsstand bzw. über die Art und Weise wie anscheinend Autoverkäufer in Wirklichkeit in ihrem Autohaus arbeiten und wirken… Leider und zum wiederholten Male ist auch diese Studie nicht gerade positiv und stellt natürlich auch ein Stück weit ein anderes Bild dar wie wir uns selber sehen aber auch wie uns die Kunden sehen die innerhalb von Kundenzufriedenheitsabfragen befragt wurden…

Solche Studien und Aussagen sind nicht wirklich neu – aber Autohäuser könnten deutlich mehr Fahrzeuge verkaufen – wenn die Autoverkäufer sich mehr bemühen würden. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung der Technischen Hochschule Deggendorf hervor!

Hier der Link zur Studie der TH Deggendorf:

In der Studie wurden Autoverkäufer getestet – sie schnitten dabei alles andere als gut ab. Fast jeder Autohändler könnte nach Aussage von BWL-Professor Christian Zich bis zu 30 Prozent mehr Umsatz machen. Der Experte für Marketing und Vertriebsmanagement untersuchte für seine Studie 100 Autohäuser und testete den Kauf eines Neuwagens.

In 17 Prozent der Fälle wurde er von den Verkäufern nicht einmal angesprochen. Die Kunden, so Christian Zich, würden in vielen Autohäusern nicht ernst genommen!

Wir brauchen über die Studie nicht diskutieren, solche Kernaussagen gibt es immer wieder und selbst ich höre immer wieder mal, wenn ich mich im Bekanntenkreis aus Automobilverkäufer „oute“  ähnliche Schauer-Geschichten.

Eine kleine Anekdote am Rande: Als ich heute früh meinen Kollegen mit der Studie konfrontiert habe, entgegnete er: „Somit haben die Verkäufer alles richtig gemacht, denn diese Studien-Tester hätten ja sowieso kein Auto gekauft, sondern nur Käufer gespielt, und für diese Zeitdiebe habe ich keine Zeit!“

Das Schlimme ist, er hat Recht! Neben den unzähligen Testkäufern die uns der Automobilhersteller schickt, gibt es also zumindest bereits eine weitere Spezies, die wie in der Studie beschrieben 100 Autohäuser „getestet“ hat, somit auch 100 Verkäufer. Wenn also von den 100 Verkäufern nur 17 Verkäufer den „Interessenten“ nicht angesprochen haben, ist dies zwar zunächst tragisch, aber spiegelt auch ein Phänomen wieder dass wir so vermutlich nur in der Automobil-Vertriebsbranche kennen -> permanente TESTS ohne Verdienst!

Autoverkäufer studieIm Umkehrschluß waren diese 17 Verkäufer einfach cleverer wie die anderen, da diese 17 Verkäufer einen Menschen nicht bedient haben der sowieso nichts gekauft hätte… (aber ich weiß, diese Argumentation ist sehr dünn…).

Es gibt vermutlich keine Branche die ständig so viele Tests von irgendwelchen, teilweise selbsternannten Testern über sich ergehen lassen muss wie der Automobilvertrieb und deren Autoverkäufer! Wohin solche Testergebnisse führen werden wir vermutlich durch den ADAC-Skandal demnächst noch öfters geschildert bekommen, allerdings zeigt es auf dass in den Autohäusern ganz klar ein Problem dahingehend herrscht die Spreu vom Weizen zu trennen – oder die „Kucker“ von den „potentiellen Kaufinteressenten“.

Nur kucken oder echtes Kaufinteresse?

Ich habe mir schon öfters MEINE Gründe überlegt warum ich einen Kunden ABSICHTLICH NICHT angesprochen habe – und wir brauchen uns nicht selbst zu belügen – JEDER (!) Autoverkäufer macht es – also auch ich!

Hand aufs Herz: Ich spreche dann einen Interessenten der ins Autohaus kommt nicht aktiv an wenn ich in ein paar Minuten bereits einen Termin mit einem anderen Kunden vereinbart habe, das liegt daran dass ich persönlich es absolut unhöflich finde, wenn ich einen Kunden warten lassen muss, mit dem ich einen Termin vereinbart hatte. Oftmals ist auch der Kunde der einen Termin hatte, stark verärgert wenn ich ihn warten lassen muss – verständlich, denn kein Kunde wartet gerne – ich auch nicht! Klar hoffe ich in diesen Momenten darauf, dass einer meiner Kollegen dann diesen Kunden anspricht, allerdings ist natürlich „Hoffnung“ nur ein schwaches Momentum!

Man könnte auch argumentieren dass ein Interessent mit wirklichem Kaufinteresse einfach davon ausgehen muss dass nicht sofort jemand für ihn Zeit hat, aber das ist ja in unserer Dienstleistungswelt eher verpöhnt und jeder lässt gleich alles stehen und liegen wenn König Kunde bzw. Interessent den Raum betritt…

Abhilfe könnte auch ein geschultes Kunden-Kontaktpersonal in Form von Hostessen o.ä. schaffen, denn wenn das Ansprechen des Interessenten anscheinend DAS Kriterium ist, sollten sich die Autohäuser und Verkaufsleiter mal überlegen ein Kunden-Kontaktpersonal einzustellen die gezielt jeden im Ausstellungsraum befindlichen Menschen anzusprechen um bedarfsgerecht zu routen – also die Kucker dürfen kucken, die kaufwilligen werden zum Verkäufer geroutet. 

aschenputtel autoverkäuferEigentlich haben wir doch alle bereits im Kindesalter gelernt diese Unterscheidung zu treffen – denn selbst die Brüder Grimm ließen schon Aschenputtel mit Hilfe der von ihr herbeigerufenen Tauben eine Vorselektion machen: … die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen!“ – der Autoverkäufer als One-Man-Show hat leider diese Möglichkeiten nicht, allerdings wäre gerade dies (siehe Studie) so wichtig (Anm.: angeblich!).

. Allerdings kosten solche Aussortierer in Form von Kunden-Kontaktpersonal oder neudeutsch: „Greeter“ natürlich Geld… – und ich höre nun schon wieder die Zahnräder der Verkaufsleiter-Hirne knacken die sofort das Wort „Kunden-Kontaktpersonal“ gegen „Autoverkäufer“ tauschen, denn die kosten deutlich weniger…

Es ist immer schwierig wenn man mit der Erwartungshaltung unmittelbar bedient zu werden zu einem Dienstleister geht – verglichen mit einem Rechtsanwalt oder Zahnarzt werde ich da vermutlich auch mehrere Minuten warten müssen bis der Rechtsanwalt oder Zahnarzt Zeit für mich hat, vermutlich weil er gerade einen anderen Kunden behandelt oder mit diesem einen Termin vereinbart hatte. Da bringt es auch wenig wenn ich einen akuten Bedarf habe – sei es Zahnschmerzen oder Beratungsbedarf o.ä.

Der Unterschied ist allerdings, dass ich im Wartezimmer meines Zahnarztes schon signalisiere, dass ich die Dienstleistung des Zahnarztes wirklich benötige – ich will etwas von ihm, benötige seine ungeteilte Aufmerksamkeit – und genau das ist der Unterschied zum Person im Autohaus die sich an den Autos aufhält – denn bei dem kann KEIN Verkäufer erkennen was der Mensch der sich gerade im Autohaus befindet WIRKLICH will, was seine Beweggründe sind um gerade an den Fahzeugen zu stehen, sich hinein zu setzen, Sitz einzustellen etc.

Natürlich kann man einfach auf den Menschen zugehen, aber wie oft passiert es uns täglich dass wir nur die Kucker, die Zeitvertreiber bzw. die Aldi-Vertreter (meine Frau ist beim Aldi einkaufen, ich vertrete mir nur die Beine) oder die Inspektions-Wartezeit-Überbrücker etc. ansprechen, die uns dann wiederum teilweise mehrere Minuten bis zu ner Stunde unserer kostbaren Zeit kosten indem sie uns erzählen dass sie bei der Urlaubsfahrt 1956 kurz vor dem Camener Kreuz eine Panne hatten und deswegen noch heute KEINEN NEUWAGEN kaufen.

zeitdiebe autohausGenau diese Zeitdiebe haben jeden (!) Verkäufer schmerzlich erfahren lassen wie es ist wenn man ein Gespräch „aufgedrückt“ bekommt, das man nicht haben will… Klar unsere Verkaufsleiter machen uns tagtäglich unmißverständlich klar dass man jeden Kontakt als „Chance“ sehen muss, allerdings sind sie nicht bereit einen Verkäufer der diese „Chancen“ auch alle „nutzt“ anderweitig zu entlasten oder zu belohnen.

Machen wir uns nichts vor: Ein Gespräch zu bekommen das wir nicht haben wollen, weil uns der Gesprächspartner schon nach der ersten Minute signalisiert hatte dass er nichts kauft, ist für Menschen die nur Geld bekommen WENN sie was verkaufen nicht gerade zielführend. Diese nicht zielführenden Gespräche kosten den Verkäufer Zeit, Power und oftmals auch Geld, denn vielleicht kommt zu diesem Zeitpunkt wo man gerade in so einem Gespräch feststeckt gerade ein wirklich interessierter, kaufbereiter Interessent zur Tür hinein, ruft gerade an oder oder oder…

Der Mensch lernt sehr viel über den Faktor „Schmerz“ – und somit diese Negativ-Erlebnisse mit Zeitdieben auch tief in der Psyche eines Autoverkäufers verankert. Man muss schon aus einem besonderen Holz geschnitzt sein, wenn man nach zwei Nicht-Verkaufs-Gesprächen dann dennoch wieder zum nächsten Interessenten geht, der missmutig um einen Neuwagen in der Ausstellungshalle stapft. Klar sollte man das nicht, aber es ist nur verständlich und auch ein Stück weit menschlich…

Wenn wir uns nochmal den Zahnarzt anschauen dann wird schnell klar wo der Unterschied zu suchen ist: Beim Zahnarzt kommt keiner vorbei, der sich „nur mal umschauen“ will, der nichts kaufen will und der dennoch mit dem Zahnarzt minutenlang über die Erfahrungen am Camener Kreuz sprechen will…

Vielleicht sollten wir die Gesrpächseröffnung im Autohaus noch mal überarbeiten und mit: „Guten Tag, wollen sie nur kucken, ratschen oder haben sie konkretes Kaufinteresse“ beginnen…