Die letzten Tage habe ich mal wieder gemerkt, was der Unterschied zwischen der Ware die ich verkaufe und mir ist: Das Alter – bzw. genauer gesagt die Alterung der Ware im direkten Vergleich zu mir 😉 Seit meinem 25. Lebensjahr kann ich bei bzw. an mir feststellen, dass ich immer monochromer werde – immer mehr Graustufen in den Haaren lenken von den immer tiefer werdenden Furchen auf Stirn, Augen und auch sonst so überall ab… Zugegeben – während ich hier und da sicherlich mit Botox, Stutenmilch und ausreichend Schlaf gepaart mit einem „ruhigeren“ Job dies alles verbessern könnte, ist es bei unseren Autos schon mit einem Besuch beim örtlichen Auto-Aufbereitungsbetrieb getan – der der macht die Umwelteinflüsse aus der Karosserie und bereitet auch den Innenraum wieder hübsch und frisch auf – also auch nichts anderes wie der Beautydoc es bei mir machen würde – nur mit dem klitzekleinen Unterschied in der Summe der Überweisung!
Witzigerweise ist das „Altern“ aber mittlerweile ein Prozess den unsere Ingenieure den Autos nahezu ausgetrieben haben… – und gehört nun exklusiv den Fahrern und Verkäufern dieser Ingenieurleistung. So richtig habe ich es erst vor ein paar Tagen selbst erlebt, als ich den Dritt- oder Viertwagen von einem meiner „guten Kunden“ zum alljährlichen Jahrescheck von zuhause abgeholt und in die Werkstatt gebracht habe. Normalerweise mache ich sowas wirklich nicht selbst – aber zum einen ist mir der Kunde über die Jahre sehr „ans Herz“ aber auch an den eigenen Geldbeutel gewachsen – und ich bin sowas wie sein privater Fuhrparkverwalter für sich und seine Familie 1. und 2. Grades geworden!
Kurzum – er hat ein Cabrio welches er vor mittlerweile 10 Jahren bei mir gekauft hat – und auf das er dann doch jedes Jahr sage und schreibe 4.000 (in Worten: viertausend) Kilometer fährt. Das Auto dient ihm genau dazu, zu was es damals auch die Ingenieure mit den Designern entwickelt haben – ein Funcar – ein Auto um am Sonntag nachmittag nach dem Golfspielen noch in den Biergarten zu cruisen – sinnfrei – ohne irgendeine Begründung für die Themen Beladbarkeit, Kofferraum und maximale Sitzplatzausnutzung zu liefern. Mein Kunde wollte eigentlich irgendwann vor Jahren dieses Fahrzeug wieder gegen ein Neues austauschen – aber nachdem die Ingenieure sich dann beim Nachfolger und beim Nach-Nachfolger unisono entschlossen hatten durch den Wechsel von Stoffdach zu Blechdach, dass ein Cabriofahrer gefälligst KEINE zwei Golfbag zu verstauen haben sollte, hatte sich mein Kunde entschlossen, das Cabrio als Familienmitglied zu behalten – und ich als sein Berater konnte damals ihm nur zu dieser Entscheidung gratulieren – auch wenn ich ihm kein neues Cabrio verkaufen konnte… – aber was blieb mir auch übrig – wir hatten kein Cabrio im Sortiment welches zwei Golfbags im Kofferraum aufnehmen kann und gleichzeitig offenen Fahrspass bietet. Entweder offen, dann aber maximal 1 Golfbag, oder geschlossen, dann 2 Golfbags… – klingt komisch, ist aber so! Und bevor ich den Kunden vielleicht noch komplett ins Gedankenrennen schick und ihn am Schluss dadurch indirekt zu einem Blick zur Konkurrenz – oder zu einem kompletten Überdenken und Suchen von entsprechenden Angeboten bei irgendwelchen teils sogar dubiosen Anbietern im Internet bringe – dann lieber mal den eigenen Verkaufswillen und den Druck meines Verkaufsleiters hinten anstellen und dem Kunden zu seiner Entscheidung applaudieren.
So, und genau dieser „Altwagen“ mit nun mittlerweile 47´Kilometern und dem stolzen Alter von 10 Jahren „musste“ nun seinen jährlichen Checkup bekommen… Wenn ich zurückdenke an damals – als wir alle noch schwarzweiss geschaut haben, da war ein 10 Jahre altes Auto ein wirklich „richtig altes Auto“ – das sah man, das spürte man und das hörte man. Als ich aber mit meinem Kunde die Garage aufschloss, wo der Schönwetter-Cruiser sich „unter der Woche“ für den nächsten Sonntag ausruhen kann – da sah ich kein altes Auto – im Gegenteil. Die Form des Cabrios war und ist zeitlos – das wollten die Designer ja damals so – und sie haben es gut hinbekommen… Auch im Innenraum war bzw. ist alles so, wie es auch heute bei einem Neuwagen zu bestellen wäre… Ich stieg ein und freute mich auf die 20 Kilometer die zwischen Garage und Werkstatt liegen – denn auch für mich als Fahrer war das was ich da nun pilotieren durfte absolut kein altes Auto – im Gegenteil – es fährt sich genau so wie sich eigentlich ein Auto fahren muss… Kernig, Knackig, Satt auf der Strasse. Das einzige was fehlt sind eigentlich nur die elektronischen Gimmicks: Abstand-, Spurhalte-, Totwinkel-, Fahrwerks-, Lenkungs- und sonstige Assistenten sucht man vergebens – also wenn man sie suchen würde – denn kein Mensch braucht diese Assistenten wirklich in so einem Cabrio welches ja – auch heute noch – immer als Fun- und Zweitwagen konzipiert und geplant wird…
Ehrlich gesprochen – diese Ausfahrt in der Früh offen in „meine“ Werkstatt und abends nach der Arbeit wieder zu meinem Kunden hat mir gezeigt, wie viel Spass so ein Autokonzept auch heute noch bietet – und wie sehr eigentlich alle Automobilhersteller mittlerweile versuchen – auf Teufel komm raus – irgendwas zu entwickeln was das ultimative Must-Have ist – um wieder neue Kunden zu bekommen. Ich behaupte sogar – das Automobil als Fortbewegungsmittel ist bereits seit 10 Jahren eigentlich total fertig entwickelt. Alles was wirklich sinnvoll, sicher und wichtig ist, ist bereits vor 10 Jahren in die Produktion gegangen… ABS, Airbags en mass, Xenon-Licht, Rostfreie Karosserien – alles gibts seit spätestens 10 Jahren. Das was in den letzten Jahren in die Weiterentwicklung eingeflossen ist, sind Gimmicks – Zusätze die weder relevant noch extrem notwendig sind – Ausstattungen die (eigentlich) nicht das Zeug haben, einen Kaufwunsch auszulösen. Während „damals“ also „seinerzeit“ ein 10 Jahre altes Auto wirklich alt war und dies auch nach Aussen hin ausstrahlte, ist heute ein schlecht ausgestatteter Neuwagen auf dem technischen Stand eines vollausgestattenen Fahrzeugs dass bereits vor 10 Jahren produziert wurde.
Vielleicht auch deswegen werden immer mehr Nischen erschlossen – weil die Planer in den Konzernzentralen genau dies erkannt haben, und somit über die jeweilige Nische noch einen Kaufanreiz liefern wollen – aber die Stückzahlen in den Nischen sind halt eigentlich nicht dazu geeignet eine Produktion hierfür einzuplanen – aber der Druck ist so hoch, dass auch bald noch die letzte Nische mit einem passenden Fahrzeug erschlossen wird – bis irgendwann mal der 3-sitzige Cabrio-Pickup-Kleinwagen-SUV auf die Suche nach neuen Käufern in Rennen geschickt wird.
Vielleicht blicken wir deshalb auch auf die „neuen“ Autokonzerne wie Tesla – die dieses Thema gänzlich anders, frisch und mit einer neuen Antriebsquelle neu aufbereiten… – was bleibt ist aber die Krux für uns Automobilverkäufer die eigentlich keinerlei wirklich „echte“ Argumente haben um so ein 10-jähriges Auto wirklich alt aussehen zu lassen… – und selbst der oft und gern genommene Spritverbrauch, bzw. die Einsparung dessen bei den modernen Fahrzeugen, taugt, wenn überhaupt, nicht mal um das karierte Blatt zu bemühen um die Spriteinsparung über die Laufzeit mit dem Kaufpreis des neuen Fahrzeugs in Abhängigkeit zu bringen…
Ich will nicht in der Vergangenheit schwelgen – echt nicht – aber ab-und-zu würde ich es mir schon wünschen ich hätte bessere Argumente für meine Kunden zum Wechsel bzw. Kauf eines neuen Fahrzeugs wie einen Spurhalteassistenten oder LED-Rückleuchten… 😉
Hinterlasse einen Kommentar