Sehr viele Automobilverkäufer leiden unter Stress und Druck und immer öfter leg sich ein Geist namens „Burnout“ über die Automobilverkäufer und Automobilverkäuferinnen… – und plötzlich ist dann alles anders… – Doch, was ist eigentlich Burnout – und was können wir präventiv dazu tun, es gar nicht soweit kommen zu lassen? Wir haben ein Interview mit Coach und Psychologin Dr. Waltraud Fiona Berle geführt:

Automobilverkäufer-Blog: Hallo Frau Dr. Berle, würden Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen?

Coach, Psychologin, Autorin: Dr. Waltraud Fiona Berle

Dr. Berle: Gerne … Ich bin Personal Coach oder Personal Trainerin für Karriere- sowie zielgerichtete Persönlichkeitsentwicklung. Für den Fall, dass  Ihre Leser jetzt denken „ohjeh, schon wieder ein Coach!“ möchte ich gleich sagen: Nicht jeder Anbieter verdient diese Bezeichnung, das ist wahr! Der Begriff Coach oder Coaching kam in Deutschland ungefähr zur Jahrtausendwende auf und zwar zur Unterscheidung von den Psychotherapeuten. Wer Psychotherapie sagt, meint: Jemand ist krank und braucht Hilfe. Wer Coaching sagt, meint: Jemand hat ein Problem und will aktiv werden, will sein Leben gestalten. Im einen Fall ist man Patient. Im anderen Fall ist man Kunde und König.

AMV-B: Sie beraten ja u.a. Manager die unter Burnout leiden – richtig?
Dr. Berle: Ja, das stimmt. Burnout ist aber keine Krankheit, sondern wir haben es mit einer Sammlung von Symptomen zu tun, die man in diesem englischen Wort zusammenfasst. Burnout meint Ausgebranntsein, Erloschenheit. Alle Begeisterung am Tun ist geschwunden. Das erzeugt das Leiden, denn Menschen wollen nämlich gerne etwas tun und schaffen, weil wir gerne gelobt werden für unsere Leistung, weil wir gerne mit Freude an die Arbeit gehen wollen … stattdessen werden die Menschen in Konzernen zur Zeit ausgepresst wie Zitronen: Sinnentleerte Arbeit, wahnsinnig viele Besprechungen – also mancherorts vertun Leute 45% ihrer Arbeitszeit damit – lange, überlange Arbeitstage, zu wenig Lob, zu wenig Ehrlichkeit, zu wenig Transparenz bei Personalentscheidungen … zu wenig echte Entscheidungskompetenz … undundund. Das alles führt dazu, dass Menschen verzagt und verzweifelt werden und halt irgendwann nicht mehr können.
AMV-B: Welche Symptome könnten Automobilverkäufer wachrütteln, damit sie keinen Burn-Out erleiden?
Dr. Berle: Andauernde Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Rückenweh, Nervosität, Ruhelosigkeit, Angespanntheit. Man kann noch ins Detail gehen: Zähneknirschen in der Nacht ist ein Stressphänomen. Da tun Ihnen anderntags die Kiefer weh! Oder Lustlosigkeit beim Sex, genannt auch Impotenz oder erektile Dysfunktion … oder Frauen haben plötzlich Weinkrämpfe … Männer fangen vielleicht an zu saufen am Feierabend, weil sie anders nicht mehr zur Ruhe kommen … nervöse Ticks belästigen Sie oder Sie rauchen immer mehr oder kriegen anscheinend grundlos Wutanfälle … Niedergeschlagenheit empfinden Sie, so dass der Arzt Ihnen vielleicht eine „Depression“ attestiert, was Sie aber auch nicht glücklicher macht, sondern zusätzlich erschreckt und rein gar nichts ändert an Ihrer Situation …
AMV-B: Frau Dr. Berle, Sie sind jetzt als Coach Freiberuflerin, aber Sie haben ja auch schon mal in einem Konzern gearbeitet … ?

Dr. Berle: Ja! Ich habe 15 Jahre als Radio-Journalistin gearbeitet, Deutschlandfunk, Norddeutscher Rundfunk in Hamburg. Ich habe dann das erlebt, was viele meiner Klienten heute erleben: Es hat sich mir die Frage nach dem Sinn gestellt. Und ich hatte das Gefühl, zu wenig zu verdienen für all meine Leistung.  Intendanz, Chefredaktion, Programmdirektor – sie waren weit weg. Ich fühlte mich fremdbestimmt, nicht genügend wahrgenommen, alles ging nach Schema F. Ich hatte jeden Tag mehr Widerwillen, durchs schicke Portal vom Funkhaus zu gehen, irgendwann hatte ich die Nase richtig voll …

AMV-B: Innere Kündigung, Burnout … ?
Dr. Berle: Nein, ich habe glücklicherweise regelrecht gekündigt – ehe es zu der inneren Kündigung kam. Oder der Steigerung, dem Burnout. Zum Phänomen der inneren Kündigung gibt es übrigens immer wieder neue Zahlen: Das Gallup-Institut vermeldete voriges Jahr zum wiederholten Mal: 70 Prozent der Angestellten in deutschen Unternehmen machten Dienst nach Vorschrift – ohne emotionale Bindung an die Firma oder ihre Arbeit, ohne tüchtiges Engagement. Das schadet den Unternehmen. Gleichgültige Mitarbeiter nehmen alles hin, auch Fehlentwicklungen. Fehler sind ihnen egal. Also ist es ihnen auch egal, ob die Fehler geradegerückt werden oder eben nicht …
AMV-B: Wo setzt Coaching da an?
Dr. Berle: Ja, ich dachte eben an einen Klienten, der bei einem großen Automobilhersteller in Stuttgart arbeitet. „Schwere Depression“ sagte der Arzt ihm. Ich sagte dem Mann: „Sie sind nicht depressiv, sondern Sie trauern, Sie sind unglücklich! Lassen Sie uns zusammen schauen, wie Sie gerne arbeiten wollten, was Sie brauchen, damit Sie sich wohl fühlen und leistungsfähig bleiben.“ Ich finde es existenziell wichtig, sich immer wieder im Spiegel in die Augen zu schauen und zu fragen „Wer bin ich eigentlich? und was kann ich eigentlich am besten von allen? Was ist mein spezifischer Mehrwert!“ Lassen Sie sich durch nichts und niemanden kleinmachen – das ist mein Rat. Und holen Sie sich Unterstützung, wenn Sie das alleine nicht schaffen. Konkret unterstütze ich diesen Klienten aktuell dabei, ein Memo zu verfassen für die Chefetage. Er macht darin Vorschläge, wie das, was ihn fertigmacht, verbessert werden könnte … großes Wagnis, großer Mut, aber das hat dem Klienten die Angst genommen „depressiv“ zu sein. Wer aktiv wird, ist nicht depressiv.
AMV-B: Wie lange sind Sie schon Coach?
Dr. Berle: Ich hatte meine Ausbildung ungefähr zur Jahrtausendwende beendet und bin also ein Coach der ersten Stunde in Deutschland. Ich habe ein akademisches Studium abgeschlossen –  unter anderem habe ich auch Psychologie studiert. Danach kamen verschiedene Methodenausbildungen der lösungsorientierten modernen Psychologie. Lösungsorientiertheit ist ein wichtiges Wort. Mein Coaching in München und Stuttgart arbeitet immer mit Zielen, aktiviert das Bewusstsein der Menschen für ihre Stärken, Fähigkeiten und Leistungen. Es ist gerade dann nötig, sich an die eigenen Stärken zu erinnern, wenn es mal klemmt im Leben.
AMV-B: Was können Sie heutzutage unseren Lesern, allen Automobilverkäufern raten, damit es gar nicht so weit kommt?
Dr. Berle: Achtsamkeit möchte ich Ihnen ans Herz legen! Nehmen Sie sich und Ihre Gefühle ernst! Reden Sie sich etwa Ihren Zorn nicht „vernünftig“ weg, wenn man Sie bei einer Beförderung übergangen hat. Stehen Sie zu sich! Wehren Sie sich! Auch, wenn Sie womöglich gemobbt werden. Auch, wenn Sie sich ungerecht behandelt fühlen oder ausgenutzt bei der Arbeit! Was Menschen vor allem in den Burnout treibt, ist das Gefühl der Machtlosigkeit, des Ausgeliefertseins – das Opfer-Gefühl ist das Schlimmste.
Wenn es Ihnen bei der Arbeit nicht mehr passt, dann tun Sie was, handeln Sie für sich! Es gilt der Grundsatz: love it or change it or leave it.  Aber leider … die meisten Menschen haben Angst vor Veränderung oder sind zu bequem. Dann fängt die Seele an zu leiden, danach der Körper.
AMV-B: Vielen Dank für das tolle und äußerst interessante Interview Frau Dr. Berle. Da war sicherlich viel dabei, was wir im Alltag nur allzu gerne „vergessen“ oder ehrlich „verdrängen“. Wer noch weitere Informationen benötigt oder sogar ein Coaching von Frau Dr. Berle buchen möchte, findet hier weitere Informationen: https://dr-berle.de/