Also ich habe mir diese Woche mal wieder zwei neue Anzüge geleistet… Hierzu bin ich mal wieder zu dem Herrenausstatter gegangen der schon seit Jahren mein Vertrauen hat. Eigentlich könnte ich meine Anzüge auch im Internet kaufen – die Ware ist die Gleiche, die Größe auch, und sicherlich könnte ich beim Blick auf den Kaufpreis den ich im Internet zahle bei zwei Anzügen ein feudales Abendessen mit meiner Gattin mir „ersparen“ aber das gilt halt einfach nur beim ersten Blick auf das jeweilige Angebot im Internet – denn: Mein Herrenausstatter hat eine tolle Kundenloyalitätsmaßnahme schon seit Jahren im Programm – das Stammkunden-Bonusprogramm! So muss ich für irgendwelche Änderungen nie einen Aufpreis zahlen, bekomme die Ware im geänderten Zustand innerhalb von 24 Stunden und spare auch noch beim Einkauf – und zwar gestaffelt nach meinem Einkaufswert – kaufe ich mehr, spare ich mehr… gelebte Loyalität!
Witzigerweise hat mein Herrenausstatter mittlerweile ein ähnliches Kundenkontaktprogramm wie wir – auch er weiß was ich schon alles bei ihm gekauft habe, weiß meine Verhältnisse, wo ich arbeite, meine Größe und meine bevorzugten Marken. Zu meinem Geburtstag bekomme ich immer einen Gutschein über 50 Euro bei einem Einkauf von über 200 Euro und genau diesen Gutschein hatte ich natürlich nun wieder dabei – und auf den Gutschein gab es dann auch noch den gestaffelten Loyalitätsbonus – kurzum ich habe „gefühlt“ sogar weniger wie im Internet für diese zwei Anzüge gezahlt, wurde wertgeschätzt und hatte ein gutes Gefühl als ich eine Stunde später wieder an meinem Schreibtisch im Autohaus aufkreuzte.
Ja, ich war während meiner Arbeitszeit Anzüge einkaufen… aber diese Anzüge werden auch in der Arbeit getragen, bzw. aufgetragen und somit sehe ich es nur als logisch an, dass ich diese „Arbeitskleidung“ auch während meiner „Arbeitszeit“ einkaufe… Ein Kollege ist sogar der Meinung dass er unter Tags auch zum Friseur kann, weil schließlich die Haare auch unter der Arbeitszeit wachsen, aber das ist für mich schon fast Haarspalterei… 😉
Als ich also wieder am Schreibtisch war kam ein langjähriger Stammkunde zu mir – ich kenne den Kunden wirklich schon seit über 10 Jahren, und er kauft bzw. least alle zwei Jahre sein neues Auto bei mir. Während wir so durch die Ausstellung zu „seinem“ neuen Modell schlenderten um ihm mal kurz zu zeigen was sich in den letzten zwei Jahren nach der Fahrzeugübergabe so alles am Modell getan hat (Facelift inbegriffen) kamen wir an einem Aufsteller vorbei der traumhafte Leasingraten suggerierte… – Darauf angesprochen musste ich leider passen – denn der Kunde hat kein Auto zur Inzahlungnahme und ein Fremdfabrikat fährt er auch nicht – diese traumhaften Leasingraten gibts aber halt einfach nur mit Inzahlungnahme und oder Fremdfabrikat… Nachdem er diese Leasing-Bedingungen auf dem Aufsteller mit mir gemeinsam studierte kam er nicht umhin, mich zu fragen, ob denn ein Kunde der alle zwei Jahre ein Auto kauft ein „schlechterer“ Kunde wäre wie Fremdfabrikatsfahrer der zum ersten Mal einkauft… – und irgendwie fiel mir dann wieder mein Herrenausstatter ein, der dieses Stammkunden-Loyalitätssystem mir gerade vor ein paar Stunden erst selbst „vorgelebt“ hat, während ich nun – bei meinem Stammkunden mit Loyalität stammelnd irgendwann zugeben musste, dass ich aufgrund des herstellereigenen Marketingprogramms Fremdfabrikatsfahrern bessere Nachlässe einräumen kann wie loyalen Kunden die bei mir schon ihr 4. oder 5. Fahrzeug einkaufen…
Anscheinend hat es sich in den Vertriebszentralen unserer Hersteller noch nicht rumgeschwiegen dass ein Neukunde nicht nur mehr Geld kostet ihn zu einem Kunden zu machen – denn wenn diese These die mittlerweile jeder BWL-Student in den ersten beiden Semestern lernt schon in den Vertriebszentralen angekommen wäre, dann würden wir Kunden einen Bonus geben, wenn Sie wieder bei uns einkaufen – zumindest in gleicher Höhe wie wir diesen Bonus den Fremdfabrikatsfahrern zu Teil werden lassen…
In diesem Zusammenhang auch interessant: Im Smartphone-Bereich gibt es aktuell einen Hersteller der die von Apple vorgelebte hohe Nachfrage nach neuen Modellen nochmal perfektionierte: OnePlus – so heisst der Hersteller – hat ein neues Smartphone präsentiert, welches er vollmundig als „The Flagship-Killer“ anpreisst. Die Nachfrage nach diesem Produkt wurde durch zahlreiche Tests entsprechend geschürt und die Kunden können dieses Smartphone nur kaufen wenn sie einen Invite (eine Kaufeinladung) haben. Diesen Invite bekam man nur, wenn man sich in einer Liste eintrug. So hatte OnePlus schon vor Markteinführung über 5 Millionen Invite-Anfragen und somit auch über 5 Millionen Email-Adressen von Interessenten. Es wurden Invite-Listenplätze für Geld „unter der Hand“ verkauft um weiter vorne zu sein, und es gab mehrere Challenges wo sich Interessenten so einen Invite auch verdienen konnten indem Sie etwas auf Facebook posteten, oder auf Twitter oder oder oder… In so einer Challenge hatte ich aus Spass mitgemacht und wurde prompt „belohnt“ ich erhielt nur 24 Stunden nach der Challenge meinen Invite und konnte so ein Produkt kaufen, auf das über 5 Mio. Menschen weltweit warten bzw. Interesse zeigen.
Entsprechend neugierig war ich natürlich, wie lange das Produkt wohl benötigt um von Shenzhen/China endlich in meinen Händen zu sein – und es waren nur 4 Tage – kein Witz! Vier Tage später war ich nun Besitzer des neuen Oneplus Two und bin wirklich begeistert was das Produkt zu diesem Preis zu alles kann… – Ein Familieninterner Vergleich war nicht schwer denn meine Frau hat nun das neue Iphone 6s und somit ists aktuell ein kleiner Smartphone-Wettbewerb innerhalb der Familie um das beste Foto, den lustigsten Klingelton und das beste Video… Warum ich Euch das erzähle? Ganz einfach – schon nach 4 weiteren Tagen, nachdem ich mein OnePlus Two hatte erhielt ich eine Email vom Hersteller der mir zwei Invites zur Weitergabe schickte – Marketing at it´s best würde ich mal sagen – denn während gerade in den ersten Tagen die Begeisterungskurve noch sehr hoch ist, und sicherlich viele meiner Freunde mit meiner neuen Errungenschaft in Erzahlungen oder Live-Demonstrationen von mir beeindruckt waren, hatte ich nun die Möglichkeit diesen Menschen etwas zu geben dass sie so nicht bekommen: Einen Invite um auch schnell so ein Smartphone ihr Eigen zu nennen – übrigens warten immer noch über 3 Mio. Menschen in der Invite-Liste auf „ihr“ Smartphone.
Vielleicht sollten „unsere“ Marketingstrategen einfach mal in Shenzen ins Praktikum gehen – denn zeitgemäßes Marketing und eine hohe Nachfrage bei der Markteinführung könnte eigentlich so einfach sein – genauso wie ein Loyalitätsmarketing für Stammkunden.
Du siehst es richtig.
In der Automobilbranche werden die treuen, braven Stammkunden abgezockt.
Dass Neukunden respektive Fahrern von „Fremdfahrzeugen“ bessere Bedingungen eingeräumt werden, ist auf der einen Seite nachvollziehbar, auf der anderen allerdings ein grosses Problem. Genau dieses Verhalten hat die Medienbranche insbesondere die Zeitungsbranche in eine Sackgasse manövriert. Hier müssen wir Autohäuser bzw. die Produzenten gegensteuern. Beste Grüsse aus der Schweiz und wir sind bei diesen Überlegungen ganz bei Ihnen!