Als Automobilverkäufer hat man (eigentlich) auch einen Arbeitsvertrag – und in diesem sind oftmals so tolle Dinge zu finden die nicht mal die drei Cent wert sind, welche das Papier hierzu kostet! Nachdem die Arbeitszeit schon allein vom Gesetzgeber vorgegebener Bestandteil des Arbeitsvertrags ist, ist diese Arbeitszeit somit auch aufgeführt. Meistens steht in den Autoverkäufer-Arbeitsverträgen sowas drin wie: Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden. Mehrarbeit… blablabla… ist abgegolten.

Schaue ich mir meinen „normale“ Arbeitswoche mal so an – kann ich über so einen Eintrag im Arbeitsvertrag nur milde lächeln. Mein „normaler“ Arbeitstag beginnt gegen 08.30 Uhr, weil ich meinen Kleinsten noch zur Schule bringe und ich als Familienmensch genau diese halbe Stunde in der Früh im Auto mit meinem Sproß mehr als nur genieße – es hat was von diesen Vater-Sohn Momenten! Um 08:30 Uhr bin ich also im Autohaus, was nicht unbedingt heisst, dass ich da erst zum arbeiten anfange, denn schon oft fange ich zum Arbeiten an, wenn mein Kleinster aus dem Auto steigt und ich das Firmenhandy anmache… Meine Mittagspause ist i.d.R. 30 Minuten lang, und das Autohaus verlasse ich gegen 18 Uhr, und gegen 19 Uhr mache ich mein Firmenhandy aus. Summa-Sumarum sind das also täglich 10 Stunden reine pure Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag – und somit wäre eigentlich mein Arbeitsvertrag schon am Donnerstag abend erfüllt… Freitags habe ich mittlerweile ein Privileg des Alters – d.h. ich arbeite nur noch ab-und-zu bis 18 Uhr – meistens mache ich schon um 16 Uhr Schluss. Jeden dritten bis vierten Samstag muss auch ich im Autohaus bis 16 Uhr ran.

Wenn man sich also einen feinen Bleistift holt und die einzelnen Zeiten auf einem weissen, karierten Blog notiert fällt schnell auf, dass meine wöchentlichen Arbeitszeiten so in etwa 51 Stunden betragen.

Einer unserer Teampartner, der erst seit zwei Jahren im Autohaus und im Job als Automobilverkäufer ist, kann davon nur träumen… – der werkelt aktuell in der Früh schon vor 8 Uhr, und verlässt das Autohaus auch erst gegen 20 Uhr… – täglich! Nur am Samstag geht er dann auch schon um 16 Uhr – vermutlich aber nur deshalb, weil der Wachdienst genau um diese Uhrzeit die Alarmanlage „scharf“ schaltet – sonst würde er da auch noch bis 20 Uhr durchziehen. Zurückblickend kann ich es natürlich verstehen dass er nach dem Geissen´s Motto „Vun nix kütt nix“ agiert – als Single ohne irgendwelche zwischenmenschliche Verpflichtungen kann er dies sicherlich noch eine zeitlang machen – irgendwann wird er „von oben“ schon seine Warnung bekommen – wie bei uns allen. Ich kenne kaum einen Verkäufer der nicht irgendwann einmal einen gesundheitlichen Warnschuss erhalten hat, und dann plötzlich „aufgewacht“ ist und merkte, dass arbeiten zwar toll ist aber es auch noch was anderes gibt… – das will zwar keiner hören, ist allerdings die Wahrheit! Dieser junge Kerl arbeitet gewöhnlich also ca. 60 Stunden in der Woche… Chapeau!

Ganz bewusst will ich nun nicht auch noch die Stunden addieren, die ich mit VIP-Abenden, Markteinführungen, Golftunieren, Super-Sonder-Schau-Abverkaufsaktionen und Autoschauen am Wochenenden und abends unter der Woche so unter dem Jahr noch an weiterer Arbeitszeit anhäufe… Hier ist es einfach so, dass die Verkaufsleiter uns ja immer und immer wieder sagen, dass sie diese Veranstaltungen immer nur und ausschließlich für uns machen – damit wir Verkäufer was verkaufen können – also glaub ich das natürlich auch! 😉

Ein Kollege von mir vertritt sogar die These, dass „wir“ Automobilverkäufer nur deswegen eine ROLEX SUBMARINER DATE am Handgelenk tragen, um die vielen Blicke auf die Uhr erträglicher gestalten zu können weil uns sonst nix mehr bleibt von der täglichen Arbeitszeit… 😉

Wenn also sich ein (Quer-)Einsteiger für den Job als Automobilverkäufer interessiert, sollte er sich persönlich auch die Frage beantworten, ob er gerade am Anfang die ersten 4-5 Jahre eine wöchentliche Arbeitszeit von ca. 60 Stunden „leisten“ kann… – und das meine ich genau so wie ich es schreibe! Bei einem Einkommen von ca. 2.800 Euro im Monat bedeutet dies nicht nur einen Stundenlohn von ca. 11,66 Euro – es bedeutet auch, dass es viel Entbehrungen gibt, gerade was zwischenmenschliches, familiäres und andere Dinge angeht.

Die sozialen Bindungen leiden unter diesen Stunden genau so wie die körperliche Fitness, die Belastbarkeit und viele viele andere Dinge die man erst dann vermisst, wenn der Leidensdruck steigt. Kurzum: Als Single ohne Nachwuchs, ohne irgendein Hobby, ohne irgendwelche partnerschaftlichen Verbandelungen und ohne Anspruch an ein Privatleben sind 60 wöchentliche Arbeitsstunden über Jahre hinweg machbar. Als Familienvater mit nur einem Nachkommen und einer funktionierenden Partnerschaft sind diese 60 wöchentliche Arbeitsstunden bereits schwer zu realisieren, nicht nur weil sich vielleicht die Prioritäten verschieben, sondern auch, weil durch diese vielen Arbeitsstunden der Druck von Partner und Kind extrem wächst – schließlich wollen die (eigentlich) auch ein Stück vom täglichen Zeitkonto für sich beanspruchen… – und so zerplatzt nach Jahren der Entbehrung oft etwas, was wir „alten Hasen“ bereits mehrfach durchgemacht haben – oder uns gerade noch rechtzeitig ändern konnten… – und mit jeder zerplatzten Partnerschaft kann auch wieder ein Stück Druck mehr auf uns lasten – und das Hamsterrad dreht sich noch schneller…

Im Prinzip kann man den Spruch der für eine Partnerschaft gilt: „Drum prüfe wer sich ewig bindet…“ auch 1:1 für ein vermeintliches Engagement als Automobilverkäufer in einem Autohaus heranziehen – auch hier sollte man sich klar werden, dass die ersten 4-5 Jahre weder finanziell noch was die Arbeitszeiten angeht ein Zuckerschlecken werden! Nur wer dies genau prüft und mit sich, seiner Familie, seinem Hobby, seiner körperlichen Konstitution genau diesen Umstand genauestens prüft, wird in dieser Zeit nicht scheitern – und vielleicht sogar einen tollen Job machen können – über viele viele Jahre hinweg – vielleicht…