Im dritten Teil meiner kleinen Reihe: „Der klassische Gebietsverkauf im Autohandel stirbt!“ widme ich mich nochmal der Loyalität – im Besonderen der Kundenloyalität gegenüber Autohaus und Verkäufer.

Die Loyalität gegenüber Autohaus und Verkäufern

Auch diese Werte sind seit Jahren im Sinkflug. Autohäusern gelingt im Service noch eine relativ hohe Loyalität bei den Kunden die ein Fahrzeug bis zu einem Alter von 5 Jahren ihr Eigen nennen. Hier gibt es durchaus Werte von 80% Loyalität gegenüber dem Service eines Autohauses – anscheinend verbindet es wirklich wenn man schon einiges miteinander erlebt hat und der Serviceberater „helfen“ konnte.
Genau den gegenteiligen Trend kann man bei der Loyalität gegenüber dem Verkäufer erkennen. Hatte früher noch eine ganze Familie nebst Onkeln, Schwagern und deren Kindern einen Automobilverkäufer Ihres Vertrauens ist die Loyalität gegenüber einem Verkäufer bei unter 50% angekommen.

Gerade der klassische Gebietsverkäufer der einmal im halben Jahr beim Kunden angerufen oder noch klassischer – vorbeigefahren ist, bekommt heutzutage kaum mehr die Möglichkeiten eine Geschäftsbeziehung aufzubauen – und somit eine Bindung zwischen dem Kunden und der Verkäuferpersönlichkeit zu intensivieren und eine Loyalität zu fördern. Auch in bestehenden langjährigen Kundenbeziehung reichen heute schon Urlaub, Krankheit, ein um 500 Euro günstigeres Angebot oder ein gewieftes Super-Sonder-Tages-Nur-Heute-Angebot und der Kunde gibt seinem langjährigen Verkäufer nicht mal mehr die Chance dass Geschäft noch zu „retten“, sondern unterschreibt beim Kollegen oder noch schlimmer beim Händlerkollegen – meist genommene Rechtfertigung ist dann bei Nachfrage: „Zum Service komm ich ja dann wieder in ihr Autohaus“.

Dem Gebietsverkäufer gelingt es nicht mehr den Kunden effektive über Jahre „beim Verkäufer“ zu halten. Während mir die „alten Hasen“ sogar erzählten dass ihr letztes Jahr vor der Rente immer das Beste Jahr war, weil Kunden nochmal bei IHREM Verkäufer ein Auto kauften, gilt es nun als chic mal beim Kollegen, beim Interbrand- oder beim Wettbewerb vorstellig zu werden!

Die langjährig gewachsene Bindung zwischen Verkäufer und Kunden ebbt immer mehr ab – und gerade von dieser Bindung lebt(e) ein Gebietsverkäufer! Viele Gebietsverkäufer suchen immer noch nach den Gründen für dieses „Phänomen“ – meistens kann es allerdings eingegrenzt werden:

Gründe für die sinkende Loyalität auf der Kundenseite:

Es gilt als „chic“ sich mehrere Offerten von verschiedenen Verkäufern, Autohäusern und Wettbewerbern anbieten zu lassen – eine Anfrage bei nur einem Verkäufer ist äußerst selten geworden – der Kunde ist „mündiger“ gleichzeitig auch mißtrauischer geworden – hört nun auch auf Nachbarn, Stammtisch-Brüder, Autozeitungen etc. – und oftmals suggerieren die dort verbreiteten „Lügen“ von gewissen Autopäpsten & Co. dass der Verkäufer den Kunden anscheinend ja jahrelang über den Tisch gezogen hat, weil ja alle anderen 30% Nachlass bzw. traumhaft niedrige Leasingraten auf den Neuwagen bekommen haben, nur man selber anscheinend nicht – keiner verschenkt gerne Geld – deshalb wird beim nächsten Auto genauer hingeschaut und mehrere Angebote eingeholt.
Kunden entgehen mittlerweile gezielt der engen Bindung an nur einen Verkäufer – gerade während der Phasen zwischen einem Autokauf – tauchen die Kunden gerne „unter“, sind nicht erreichbar, wollen auch nicht kontaktiert werden oder sagen von sich aus dass sie die ganzen Anrufe während der Laufzeit nicht benötigen und von sich aus auf den Verkäufer zukommen wenn sie etwas wollen & brauchen.

Gründe für die sinkende Loyalität auf der Verkäuferseite:

Ein Gebietsverkäufer kann sich heutzutage gar nicht mehr so intensiv um seine Kunden „kümmern“ – mal abgesehen von irgendwelchen Datenschutzerklärungen in denen der Kunde den telefonischen Kontakt untersagt, hat der Verkäufer im 21. Jahrhundert bei einer jährlichen Stückzahl von 80 Fahrzeugen alleine in den vergangenen 12 Jahren seit dem Millenium fast 1000 Fahrzeuge ausgeliefert – somit also 1000 Kunden bedient… – jedes CRM-System würde bei dieser Stückzahl kapitulieren wenn man versucht diese 1000 Kunden einmal im Jahr durchzutelefonieren oder… zu besuchen! Und ohne Kontakt zum Kunden braucht man eigentlich sich nicht beschweren wenn die Bindung zum Verkäufer fehlt.

Auch die intensive Betreuung von „wichtigen“ Meinungsbildnern und „Markenbotschaftern“ gelingt heute aufgrund verschiedener Faktoren kaum noch erfolgsversprechend! Der Grund wird mit dem Universal-Unwort COMPLIANCE – allübergreifend beschrieben. „Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“ gilt einfach im Automobilbereich nicht mehr – man kann den „Markenbotschafter“ nicht mehr zum Essen einladen, ihm eine gute Flasche Wein zum Geburtstag vorbei bringen oder ihm, nachdem er einen Kunden „vermittelt“ hat, einen kostenlosen Werkstatt-Aufenthalt als Dank verschenken – somit ist das „Kunde wirbt Kunde“-Prinzip auch nicht mehr durchführbar!

Um eine gewisse Verkäuferloyalität beim Kunden aufzubauen benötigt der Verkäufer Zeit, viel Zeit – und die langjährig gewachsene Bindung zwischen Verkäufer und Kunden beruht nunmal auf dem Faktor: Zeit. Der Gebietsverkäufer hat aber nicht mehr die Zeit sich intensiv mit Kunden zu beschäftigen – eigentlich paradox – aber die wenige Zeit die einem Gebietsverkäufer effektiv bleibt, nutzt er verständlicher Weise zum Verkaufen, nicht zur Kontaktpflege – denn von Kontaktpflege kann sich kein Verkäufer akut ernähren – und jeder Verkäufer denkt nur noch monats- maximal quartalsweise, nicht in 5-Jahres-Schritten – verständlich – denn bei dem niedrigen Fixum von oftmals unter 500 Euro ist die Kunden- und Bestandspflege inkludiert! Dann lieber ein Auto verkaufen, schnell, das bringt wenigstens Geld!

Der Gebietsverkäufer mutiert also immer mehr zum Schreibtischtäter ohne Ladenpflicht und hetzt nur den Kunden hinterher die kurz vor einem Vertragsabschluss stehen – Bestandskundenpflege bzw. aus Bestandskunden neue Kaufkunden zu machen? Fehlanzeige!

Rabattschlachten nutzen keinem und zerstören Kunden-Verkäufer-Bindungen

Wie wir allerdings wissen, holt sich heute ein kurz vor Vertragsabschluss stehender Kunde mehrere Angebote ein, und somit kann der Gebietsverkäufer nur mitbieten, nicht anbieten – oftmals geht dann die Rabattschlacht nochmal in eine neue Runde denn die verschiedenen Verkäufer versuchen – jeder für sich – das Geschäft zu machen – und nachdem das Produkt identisch ist, zählt letztendlich bei der Kundenentscheidung lediglich der Preis! Das natürlich die Marke aber auch gerade das Autohaus mit seiner Marge der Verlierer ist, wenn sich zwei und mehr Vekäufer des Autohauses um einen Kunden „streiten“, muss, denke ich nicht extra erwähnt werden.

Der Gebietsverkäufer hat keine besondere Stellung im Automobilvertrieb mehr – er kann nichts besser, schneller oder günstiger – er kann nur das was seine Kollegen im Ladenverkauf auch können – nicht mehr – aber auch nicht weniger – er bietet dem Kunden keinerlei Anreize das Automobil gerade bei ihm zu kaufen. Somit ist es dem Kunde auch nicht mehr wichtig bei genau diesem Verkäufer das Produkt zu kaufen – warum auch?

Internet und Interbrand-Wettbewerb mit Stückzahldenken haben diesen Trend eingeläutet – der Rest kann bequem per Telefon und Email abgehandelt werden. Ein Kunde aus Hamburg kann heute ohne Probleme den besten Preis für sein Automobil in München bekommen und es dann bequem im Werk in Ingolstadt abholen. Territoriale Marktausschöpfungen der Verkäufer spielen keine Rolle (mehr) – die Gebiete der Gebietsverkäufer bieten zwar Potential – allerdings für ALLE Verkäufer der Marke – und der Gebietsverkäufer kann auf tollen Statistiken sehen wie viele Kunden nun ein Produkt seiner Marke im letzten Monat gekauft haben – allerdings nicht bei ihm.
Man „braucht“ den Verkäufer nicht mehr – und forciert wird dies noch über die mangelnde Persönlichkeit von Autohäusern.

Autohäuser sind heutzutage Clone – ähnlich wie Fast-Food-Ketten ist der CI bis in die Fugenfarbe gleich – es fehlt an Eigenständig, an Persönlichkeit und an klangvollen Namen!

Während man früher in Autohäusern von großen Legenden des Motorsports sein Auto kaufte und diese Legenden vielleicht bei der Auslieferung, ganz sicher aber bei Events vor Ort waren und faszinierten, kauft man heute bei voll anonymisierten Händlern mit zig Betrieben, standardisierten Abläufen, standardisierten Verkäufern und standardisierten Ruf und anonymisierten Inhabern und Geschäftsführern.

Durch diese einheitlichen Auftritte sinkt allerdings die Bindung und Loyalität zum Autohaus und dadurch natürlich auch zum Verkäufer – und gerade Gebietsverkäufer „leiden“ unter der Standartisierung zusehens – ihnen bleibt kein Spielraum die eigene individuelle Note als Verkaufsinstrument einsetzen zu können.

Genaugenommen müssten diese Autohaus-Clone auch alle den gleichen Preis für das gleiche Produkt anbieten – deutschlandweit kostet der Cheeseburger bei McDonalds oder das Iphone im Apple-Shop auch überall das gleiche…

Würde jedes Autohaus für das gleiche Produkt den gleichen Preis berechnen würde auch die Verkäuferpersönlichkeiten im Gebietsverkauf wieder mehr in den Vordergrund rücken!

Der Teil 4 meiner kleinen Reihe „Der Gebietsverkauf stirbt!“ demnächst